Das Piemont liegt im Nordwesten Italiens. Sie grenzt im Westen an Frankreich, im Norden an die Schweiz, im Nordwesten an die autonome Region Aostatal sowie im Süden und Osten an Ligurien, Emilia-Romagna und die Lombardei. Mit 25,4 Millionen Quadratkilometern ist sie die zweitgrößte Region Italiens. Das Piemont gliedert sich geografisch in drei Zonen: Im Norden ragen die Alpen mit dem über 4 600 Meter hohen Monte Rosa-Massiv und damit dem höchsten Berg der Region hervor.
Der größte Teil der insgesamt knapp 4, 5 Millionen Einwohner Piemonts leben in der Po-Ebene, wo die größeren Städte einschließlich der Hauptstadt Turin liegen. Die dritte geografische Zone ist das vornehmlich landwirtschaftlich geprägte, hügelige Gebiet des Montferrats im Südosten, das sich zwischen 150 und 750 Meter über dem Meeresspiegel befindet. Der bedeutendste Fluss des Piemonts ist der Po, der bis zu seiner Einmündung in das adriatische Meer über 650 Kilometer zurücklegt und damit der längste Fluss Italiens ist.
Zu den größeren piemontesischen Nebenflüssen zählt der Pellice, der den Chisone-Fluss aufnimmt und nach 60 Kilometern in den Po mündet. Auch die 100 Kilometer lange Varaita vereinigt sich 30 Kilometer südlich von Turin mit dem Strom. Als weitere linksseitige Nebenflüsse folgen die 125 Kilometer lange Dora Riparia sowie nach Turin die Stura di Lanzo (65 Kilometer), die Dora Baltea (160 Kilometer Flusslänge) und die Sesia (138 Kilometer).
Der einzige rechtsseitig einmündende größere Nebenfluss ist der Tanaro (276 Kilometer Flusslauf), bevor der Po das Piemont verlässt. Grenzfluss zur Lombardei ist der Ticino. Wenngleich Italienisch die Hauptsprache des Piemonts ist, sprechen viele Einwohner Regionalsprachen. Im Norden des Valsesia auf etwa 1 200 Metern Höhe liegt beispielsweise ein kleines Siedlungsgebiet der alemannischen Walser. Diese aus dem Oberwallis stammenden Walser haben sich hier bereits im 13. Jahrhundert angesiedelt und über sieben Jahrhunderte ihre Kulturtradition und den alemannischen Dialekt bewahrt.
Hintergrund | Die Walser im Piemont
Die Walser sind Hochgebirgssiedler, die im 13. und 14. Jahrhundert aus dem Schweizer Wallis (wo man sie entsprechend „Walliser“ nannte) unter anderem ins Piemont einwanderten. Ihre Erfahrungen, im Hochgebirge Landwirtschaft zu betreiben, ermöglichten es ihnen auf ihren Wanderungen über die Alpen, Kolonien in Gebirgslagen zu gründen, die von anderen wegen ihrer Unzugänglichkeit gemieden wurden.
Doch warum der Auszug aus der Heimat Wallis? Die Gründe können vielfältig sein, so herrschte vor rund 700 Jahren im Wallis große Not durch extreme Trockenheit. Eine weitere Ursache lag vermutlich auch in der Erbfolge, so wurden die Höfe jeweils nur einem Nachkommen übergeben. Da die Familien damals kinderreich waren, waren die Geschwister gezwungen, ihr Heil woanders zu suchen. Die Feudalherren gestatteten den nun „Walser“ genannten Bauern, sich anzusiedeln, und bestätigten dies mit vererbbaren Lehensverträgen.
Das damit einhergehende „Walserrecht“ (Kolonistenrecht) verpflichtete die Siedler lediglich zur Abgabe eines kleinen Zinses und zum Kriegsdienst. Mit der Zeit wuchs die Zahl der Walser und entsprechend auch die der Anbauflächen. Das sicherte langfristig die Herrschaft der Feudalherren. So ließen sich die Walser auch im Formazza-Tal (Val Formazza; dt. Pomatt) nieder. Es liegt im nördlicheren Teil des Piemonts zwischen dem Kanton Wallis und dem Kanton Tessin und fügt sich in die schweizerische Region ein. Es ist die einzige Walser-Kolonie, die direkt an das heimatliche Goms grenzt, das ursprüngliche Land der Walser. Eine Urkunde, die in dem Kapitelarchiv der Basilica dell‘Isola di San Giulio d‘Orta gefunden wurde, lässt die Gründung der ältesten Walsersiedlung zwischen 1255 bis 1256 genau bestimmen.
Beachtenswert ist die Architektur der Walser-Häuser, die aus Holz und Steinen bestehen. Nicht nur die Bewohner, auch die Gebäude müssen bis heute dem rauen Klima der Hochgebirgswelt trotzen. Der Unterbau aus Granit garantierte extreme Stabilität. Im Erdgeschoss lag der Stall. Im Winter hielten sich die Bewohner dort gemeinsam mit dem Vieh auf. Die nächste Etage bestand aus massivem Lärchenkantenholz. Das Walser-Museum von Alagna präsentiert sehr anschaulich die Lebensweise der Siedler aus dem Wallis.
Es ist einem Bauernhaus aus dem Jahr 1628 originalgetreu nachempfunden und liegt oberhalb der Stadt. Das älteste Dokument, das von einem Walliser Einwanderer an diesem Ort berichtet, stammt von 1302. Alagna selbst ist ein beliebter Tourismusort, in dem der Besucher vielen Häusern der Walser begegnet. Ganz im Westen der Region, im fünfzig Kilometer langen Valle Varaita nahe der Grenze zu Frankreich, ist hingegen die okzitanische Kultur lebendig, die ebenfalls mit einer eigenen Sprache und besonderen Musiktraditionen gepflegt wird.
Weit verbreitet im Piemont ist das Piemontesische, das zum Beispiel in Saluzzo gesprochen wird, einer Stadt im Südwesten der Region mit sehenswerten spätgotischen Kunstschätzen und einer Kathedrale von 1500. In dem dreischiffigen Sakralbau lassen sich Statuen und ein Triptychon aus dem 16. Jahrhundert bewundern. Außerdem zeugen Kunstgegenstände und die spezielle Nutzung von Gneis und Quarz („graues Gold“) beim Hausbau von alten Handwerkstraditionen in Saluzzo.
Im Nordwesten, in den Tälern um den Monviso, hat die Holzkunst eine jahrhundertealte Tradition, die sich bis in die Gegenwart erhalten und weiterentwickelt hat: Holzhandel, Möbelbau und Restaurierungsbetriebe sind in der Region heute ebenso zu finden wie der Musikharfenbau, der in der Gemeinde Piasco ansässig ist. In Turin, der Hauptstadt der Region, ist neben verschiedenen anderen Palästen und Kirchen der Palazzo Reale zu bewundern. Dieses Schloss wurde im 17. Jahrhundert für Christina von Frankreich, der Herzogin von Savoyen, errichtet und diente den Savoyern von 1645 an als Residenz. Seit 1997 gehört es zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Auf dem Gebiet der antik-römischen Stadt Augusta Taurinorum steht der Stadtpalast Palazzo Madama mit dem Stadttor (Porta Decumana) aus dem Jahr 45 v. Chr.